VAVM: Via Alta Valle Maggia

Eine lange, eindrückliche, technisch nicht schwierige aber konditionell anspruchsvolle Höhendurchquerung der Alpen oberhalb des Maggiatals.

 

 

1. Étappe: Brione – Corte di Starlaresc

 

Nach einem eher dürftigen Frühstück machen wir uns vom Hotel Piee 740m in Brione an den langen Aufstieg nach Starlaresc. Mit den schwer bepackten Rucksäcken steigen wir in gemächlichen Tempo via Painesc 819m nach Matar 1‘304m hinauf. Hier beginnt dann auch schon bald der blau-weiss markierte Pfad. Entlang des tosenden Baches kämpfen wir uns Höhenmeter für Höhenmeter steil hinauf durch die wildromantische Schlucht-Landschaft. An den nötigen Stellen, wo’s nass und glitschig ist, befinden sich jeweils Seile und Ketten, welche den Aufstieg erleichtern. Durch die abwechslungsreiche Routenführung und das laute Rauschen vom Bach abgelenkt, erreichen wir bald einmal die schöne Moorlandschaft auf 1‘808m bevor es dann an die letzte Steigung bis zur Corte di Starlaresc 1‘875m und zum Lago del Starlaresc da Sgióf geht. Wir sind schon früh in der Hütte, so dass genügend Zeit zum Inspizieren der Umgebung, Holzspalten, Anfeuern und Kochen vorhanden ist. Ganz für uns alleine können wir am Abend das angenehm wärmende Feuer am Kamin bei ein-zwei Gläschen Wein geniessen, bevor es dann ab in die warmen Daunenschlafsäcke geht.

2. Étappe : Corte di Starlaresc – Madóm da Sgióf – Cap. Masnee

 

Geweckt von der Morgensonne machen wir uns an die Zubereitung unseres Frühstücks, welches wir draussen vor der Hütte im wärmenden Sonnenlicht geniessen können. Es wartet heute eine kurze Étappe auf uns, so dass wir vor dem Abmarsch noch gemütlich die Hütte aufräumen und säubern können. Danach steigen wir entlang des markierten Bergweges nach Motarüch 2‘011m hinauf. Meistens entlang des Grates folgen wir dem gut ausgebauten Weg in Richtung Gipfel der Madóm da Sgióf 2‘265m, von wo aus wir einen herrlichen Rundblick geniessen können. Ab hier sind wir nun offiziell auf der Via Alta Valle Maggia VAVM unterwegs. In der Annahme, dass die Capanna auf der Alpe Nimi nicht mehr geöffnet ist, haben wir uns für diesen Quereinstieg entschieden.

Auf dem teilweise neu präparierten Weg steigen wir zum Passo Deva 2‘036m ab. Entlang des Grates und dann in der warmen SW-Flanke queren wir zu den Hüttchen von der Capanna Masnee 2‘063m. Nach einer Pause entschliessen wir uns noch die Hüttenumgebung zu erkunden. Zuerst steigen wir zum Kreuz bei Pkt. 2‘091m auf. Von dort folgen wir dem SW-Grat auf die Cima del Masnee 2‘203m. Leider drückt jetzt der Nebel rein und wir können nur ab und zu einen kurzen Blick in die Umgebung werfen. Als wir dann zurück bei der Hütte eintreffen ist reges Treiben. Wir erfahren von den anderen, eingetroffenen Übernächtlern, dass die Wasserpumpe defekt sei und somit kein Wasser vorhanden ist. Mit Eimern bestückt, machen Einige vor dem Einnachten noch einen Abstecher zum See Laghetto Pianca und versorgen uns mit Wasser zum Kochen und Abwaschen.

3. Étappe : Cap. Masnee - Poncione Piancascia - Cap. Alpe Spluga

 

Heute wartet eine lange Wanderung auf uns und der Wetterbericht ist etwas zweifelhaft so machen wir uns schon um 7.00Uhr aus den Federn und marschieren gleich nach dem Frühstück los. Zuerst ist’s noch etwas neblig. Doch schon als wir unterhalb vom Pizzo Costisc den Übergang bei Punkt 2‘121m erreichen, wird die Sicht besser. Entlang der rot-weissen Markierungen folgen wir dem Abstieg zu den Alphütten von Scimarmota 2‘064m, wo wir schon die ersten Sonnenstrahlen geniessen können. Erfreut am schöner werdenden Wetter und der abwechslungsreichen Landschaft folgen wir nun ab hier der blau-weissen Route, welche uns durch eine Scharte im Grat in den Kessel von Scarpioi führt. Durch steile Grasflanken führt der schmale Pfad unterhalb vom Pizzo Dromegio durch. Unzählige kleinere Kessel werden durchquert bis wir unterhalb vom Poncione Piancascia sind. Dank dem immer noch schönen Wetter beschliessen wir uns spontan durch die Grasflanke zum Punkt 2‘213m hoch zu steigen und entlang des Grates einen Abstecher auf die Poncione Piancascia 2‘359m zu unternehmen. Die Stimmung ist herrlich! Gegen Norden sieht man die Regenwolken und wunderschöne Regenbogen und Richtung Süden steigt der Nebel aus den Tälern empor und wird von der Sonne verdunstet. Nach einer ausgedehnten Rast und dem Gratulieren an die eifrigen Nachahmer machen wir uns an den Abstieg über den grasigen SW-Grat hinunter zur Originalroute, welche zuerst noch schön dem trockenen Grat bis in einen kleinen Pass 1‘945m folgt und dann steil durch ein schattiges Couloir und verwässerte Gräben auf ca. 1‘640m hinunter führt. Endlich wird der Kessel unterhalb von Felsen gequert und wir erreichen die Alpe Cuasca 1‘693m, wo wir den müden Füssen und Knien eine erfrischende Pause gönnen und gleichzeitig unseren Wasservorrat nachfüllen können. Entlang des Hanges gelangen wir in den nächsten Graben unterhalb der Cima di Cuaschia. Ermüdend steil führt nun der Pfad direkt und ohne Zusatzkehren den Hang hinauf zum erfrischenden Seeli 2‘000m, welches im Sommer zum Baden und Ausspannen einlädt. Fast hätte ich mich zu einem kühlen Bad hinreissen lassen, doch das Wasser ist für mich definitiv zu prickelnd. So machen wir uns bald an den weiteren Aufstieg zum Passo dei due Laghi 2‘070m, von wo aus man schon das nächste einladende Seeli 2‘010m erblicken kann. Aber dieses ist leider nicht wärmer. Während wir dann durch die aufgeheizte Flanke unterhalb vom Pizzo Alber zwischen den Alpenrosen- und Zwergwachholderbüschen den abwechslungsreichen Weiterweg aufsuchen, sehne ich mich schon fast wieder nach Abkühlung. Die Schweisstropfen quellen aus allen Poren doch bald schon stehen wir auf dem felsigen Übergang 1‘960m von wo aus wir unten die Hütte entdecken. Ein Katzensprung, doch weit gefehlt! Zuerst geht’s steil runter und dann in stetigem Auf und Ab unterhalb der Felsen über Geröllfelder erreichen wir nach einem langen und erlebnisreichen Tag endlich die Capanna Alpe Spluga 1‘838m. Auch diese Alp wurde vor kurzem restauriert und hübsch durch Fronarbeit als Selbstversorgerhütte wieder hergerichtet. Wie wir später erfahren, ist gerade in der letzten Zeitschrift vom SAC diese Hütte als Wandertipp beschrieben worden. Deshalb befinden sich hier zu unserem Erstaunen auch so viele Besucher. Deren 16 und alle samt wollen kochen. Doch dank der Spontanität und Flexibilität Einiger, bleibt das angenommene Chaos aus und es gelingt ein gemeinsames Menu für 10 Personen auf den Tisch zu bringen. Alle steuern bei, was gerade vorhanden ist und so entsteht ein super feines Risotto mit anschliessendem Dessert: Vanillecrème mit selbstgesammelten und in der Bratpfanne geröstete Marronis. An dieser Stelle sei noch einmal dem tollen Koch, Felix gedankt! Ein wunderbarer, gemütlicher Abend verstreicht und recht spät suchen wir erst unsere Schlaflager auf. 

4. Étappe: Cap. Spluga - Cap. Tomeo

 

Auch hier gehören wir wieder zu den Frühaufstehern und um ca. 8.00Uhr starten wir den Angriff an die nächste lange Route durch kaum enden wollende Geröllkessel. Schon kurz nach der Hütte geht’s gleich ziemlich zur Sache und der steigende Puls lässt uns völlig wach werden. Vom Pascolo dei Laghi 1‘964m geht’s steil über Felsblöcke hinauf in die Bocchetta del Sasso Bello 2‘136m. Um gleich danach durch ein steiles und steinschlägiges Couloir vorsichtig wieder absteigen zu können. Auf ca. 2‘000m quert der Pfad in den ersten grossen Kessel von Heute, Ganne dell’Alpe. Nun heisst es konzentriert von Felsblock zu Felsblock hüpfen und sich den besten Weg durch die endlosen Geröllhalden suchen. Die kurzen grasigen Abschnitte bieten eine genussreiche Erholungsphase. Unterhalb der Cima di Broglio erklimmen wir dann den Grat 2‘115m, welchem wir voller Freude und gut mit Seilen gesichert, folgen können. Nach diesem abwechslungsreichen, leider viel zu kurzen Gratstück folgt der Abstieg in den Kessel vom Valle di Cocco zu den nächsten Geröllfeldern. Von weitem ist aber schon die felsige Passage bei Punkt 1‘992m Richtung Valle dei Pini ersichtlich. Einige Eisenstifte, Ketten und Seile erleichtern uns diesen äusserst schönen, abwechslungsreichen und ausgesetzten Aufstieg über die teilweise nassen Felsen in Bach Nähe zum nächsten Geröllfeld. Dieses muss nun aufwärts überwindet werden und nach einem zermürbenden, fast in einem Hungerast endenden Aufstieg, erreichen wir doch noch den Passo di Chent 2‘224m. Eigentlich sollten wir von hier aus schon die Capanna Tomeo erblicken können, doch der Nebel drückt ins Tal und zu unserem Pech beginnt es auch noch zu regnen. Nach einer kurzen Stärkung machen wir uns zügig an den Abstieg, welcher uns oberhalb der Felsen über die moorige Ebene von Piodina ca. 2‘123m führt. Das erhoffte Regenende ist nicht in Sicht und so kramen wir doch noch unseren Regenschutz aus dem Rucksack. Vorsichtig arbeiten wir uns dann steil über die vom Regen überaus glitschigen Steine und Geröllbrocken hinunter in den Kessel von Ganna 1‘866m. Nach dem Überqueren des Baches und Traversieren des Hanges, folgt der zum Glück mit Ketten gesicherte Abstieg durch die Schlucht zum Lago di Tomè 1‘692m. Entlang des östlichen Ufers umgehen wir das hübsche Seeli und erreichen in einem kurzen Gegenanstieg nach ca. 1h30 Regenmarsch die kleine Selbstversorgerhütte Capanna Tomeo 1‘739m. Nun geht’s ans Anfeuern und nach langem Pröbeln können wir unsere nassen Sachen doch noch am wärmenden Feuer trocknen. Während wir uns an einer heissen Suppe erfreuen, hoffen wir, dass den anderen VAVM Anwärtern, welche nach uns gestartet sind, der Abstieg über das nasse Gestein auch gut gelingt. Sie haben Glück, denn die Wolken verziehen sich später wieder. Es hört auf zu Regnen und sogar wir bei der Hütte können noch kurz die Sonne geniessen, bevor sie hinter der Bergkette verschwindet. Zu sechst geniessen wir danach einen gemütlichen und lustigen Abend an der Wärme der Tomeohütte.

5. Étappe : Cap. Tomeo – Cap. Soveltra

 

Was wird uns heute das Wetter bringen? Es sieht deutlich regnerischer aus als an den Vortagen und heute Morgen machen sich alle VAVM Anwärter früh auf den Weg. Von der Hütte führt uns der Weg gerade aufwärts via Corte Piatto 2‘058m in die Bassa di Pertüs 2‘156m, wo wir schon wieder Einblick in einen immensen Kessel kriegen, welchen wir traversieren müssen und auch Geröllhalden zwinkern uns verschmitzt zu. Gut erholt und mit frischer Motivation macht’s aber sogar wieder Spass von einem Felsbrocken zum anderen zu hüpfen. Zuerst geht’s natürlich wieder runter von der Bassa nach Gonta 1‘991m. Nachdem wir den Abzweiger zum Passo di Redorta passiert haben, folgt die nächste Fleissaufgabe durch die steilen felsdurchsetzten Grashänge in der SW-Flanke der Corona di Redorta arbeiten wir uns hoch zur Felsscharte auf 2‘600m. Im Windschatten geniessen wir die Aussicht während einer kurzen Rast bevor wir uns dann an den erneuten Abstieg machen. Zuerst geht’s wieder über grosse, teilweise schon verschneite Felsblöcke hinunter zu den schönen, vom Gletscher abgeschliffenen Felshügel bei i Rocc. Den vielen blau-weissen Markierungen folgend, finden wir ohne Probleme den Weg via Piattello in den Graben von Ganne di Larecc 1‘980m hinunter. Nach einer Traversierung zu den steil abfallenden Felswänden unterhalb vom Sasso di Larec, führt uns der Pfad entlang dieser zum Verfallenen Älpli Pianconi 1‘877m. Durch den schönen, leider noch nicht so gelben, Lärchenwald erreichen wir, glücklicherweise immer noch ohne Regen, über die sumpfige Alpe Campala die schön aufgewärmte und bestens bewirtete Capanna Soveltra 1‘534m, wo wir von Maria und ihren Gehilfinnen herzlich empfangen und mit einem ausgezeichneten Nachtessen verwöhnt werden.

 

Am nächsten Morgen ist die Umgebung in dichten Nebel gehüllt und auch der Wetterbericht für die nächsten Tage lässt nicht auf gutes Wetter hoffen. Weil wir die letzte Étappe von der Capanna Soveltra über den Passo Fornale nach Fusio schon nach der Via Alta Valle Verzasca begangen haben, entschliessen wir uns über den direkten Hüttenweg durch die wilde Schlucht nach Prato 742m ab zu steigen. Hier angelangt, konsultieren wir dank dem guten Natelempfang noch einmal einige Wetterberichte und beschliessen für die letzten Ferientage in eine Föhnregion zu reisen.